Im Chaos Computer Club über Gewalt zu sprechen ist verboten.

Ich wähle hier ganz bewusst einen provokativen Titel, um auf eine unglückliche Dynamik hinzuweisen, die die Beschäftigung mit dem Thema zwischenmenschliche Gewalt mit sich bringt. Ich möchte zum Nachdenken anregen, zu Gesprächen einladen, auch wenn und gerade weil die Thematik so unbequem ist.

Ich beschäftige mich nun seit 2018 intensiver und immer expliziter mit der Entstehung und dem Fortbestand von Gewalt in der Gesellschaft. Wie Opfer zu TäterInnen werden, an sich selbst und an anderen, wie Gewalterfahrungen über Generationen weitergeben werden und zu psychischen Störungen und anderen Krankheiten beitragen. Je tiefer ich einsteige, desto klarer wird mir, wie wichtig eine offene Auseinandersetzung damit für die Gesellschaft allgemein und Friedens- und Menschenrechtsbewegungen im speziellen ist. Ich betrachte das als eine konsequente Fortsetzung und Weiterentwicklung meines politischen Engagements.

“Nur durch Einbezug der psychischen Gesundheit in die Friedensarbeit lassen sich Gewaltspiralen langfristig durchbrechen und Stabilität fördern.” (Handbuch Friedenspsychologie)

“The community must accept its own responsibility for producing, condoning, and reproducing violence. We cannot spend years — decades — in community spaces watching people act badly and hurt each other, and making excuses for them, and then suddenly turn around and act shocked when an individual names that violence. We cannot pretend that we had no hand in covering up, minimizing, and even encouraging violence.” (Kai Cheng Thom: Punishment is Never Justice)

Was bislang geschah. Eine Übersicht. #

“There are forbidden topics in the hacker community. One is sternly reprimanded for bringing them up, by their peers, their leaders, and the community at large. In private, one can expect threats and intimidation; in public, outcry and censorship. […] Our community has problems, important problems, that every hacker should care about, and we need the bravery and humility to face them, not the cowardice to retaliate against those who speak up.” (Drew DeVault: The forbidden topics, Sept 23)

Am 18.8.22 melde ich mich beim “Gespräch auf der Lichtung” des xHain Hackerspaces an, ein “Minigesprächsfestival”, “offen für alle”, mit dem Vorschlag, über Narzissmus zu sprechen. Daraufhin versucht man, mir ein Haus- und Veranstaltungsverbot wegen “unexzellenten Verhaltens” auszusprechen. Auf meinen Hinweis, dass für ein wirksames Hausverbot konkrete Tatvorwürfe benannt und eine Anhörung gewährt werden muss kommt nichts mehr. Ich gehe also davon aus, dass das Hausverbot nicht aufrecht erhalten wurde. Bis heute weiß ich nicht, welches Verhalten mir damals als “unexzellent” ausgelegt wurde. Das war besonders schmerzhaft für mich, weil ich damals noch dachte, die Eigentümer des xHains wären meine Freunde. Falls du das hier als xHain-Mitglied liest: Bitte setze dich dafür ein, dass hier eine Mediationsverfahren eingeleitet wird, und dass es zukünftig entsprechende Regeln für Konflikte gibt.

Im Oktober wende ich mich aufgrund einer anhaltenden Rufmordkampagne gegen mich ratsuchend an CCC Awareness. Meine E-Mail bleibt bis heute unbeantwortet. Später heißt es auf Rückfrage auf Mastodon, man sei, entgegen den Angaben auf der Website, ausschließlich während Events Ansprechpartner. Am 37c3 erneuere ich meine Bitte um Gespräche, und dass ich dafür auch irgendwo hinreisen würde. Für so etwas hätte man leider keine Zeit. Nach wie vor hoffe ich auf ein klärendes Gespräch.

In der Zwischenzeit werden mir mehr und mehr ähnliche Geschichten zugetragen. Auf einer Mailingliste des Clubs spreche ich am 27.12.22 eine Einladung aus, um mit weiteren Interessierten in Kontakt zu kommen. Diese Einladung wird mir später von der CCC-Schiedsstelle als “Ruhebrechung” vorgehalten.

Zum Chaos Communication Camp 2023 reiche ich einen Vortrag ein. Dieser wird mit einer generischen Begründung “leider” abgelehnt (siehe Link). Über die Gerüchteküche erreicht mich, dass man dem Vortrag und speziell mir als Person ablehnend gegenüber steht. Was da genau gelaufen ist weiß ich bis heute nicht.

Zum 37c3 habe ich dann am 23.11.23 ein Treffen als “Self-Organized Session” eingetragen (und auch mit sehr positiver Resonanz durchgeführt). Dieses wurde um den 8.12. herum ohne Erklärung aus dem Programm gelöscht. Es ist mir nicht gelungen herauszufinden, wer für diese Löschung verantwortlich ist. Telefonisch habe ich mich nach den Gründen erkundigt, und habe diese akzeptiert, obwohl sie für mich bis heute nicht nachvollziehbar sind. Gegen eine externe Durchführung hatte man nichts einzuwenden, im Gegenteil: Mir wurde geraten mit Aushängen zu werben, und, ohne dass ich danach gefragt hätte, von meinem Gesprächspartner zugesichert, er würde sich “persönlich dafür einsetzen”, falls Aushänge entfernt werden würden. (Was dann genau so auch passiert ist.) Zum Abschied gab es die Einladung, sich auf dem c3 gemütlich auf eine Mate zusammenzusetzen.

Zur kommenden Easterhegg habe ich nun im Versuch vorab in die Absprache zu gehen ein komplettes Veranstaltungsverbot geerntet, unabhängig davon ob das Treffen stattfindet oder nicht, was mich sehr trifft; die Easterhegg war immer meine Lieblingsveranstaltung, und Regensburg mag ich sehr gerne.

Ich lade Dich dazu ein, Dir den Mailwechsel zwischen dem Easterhegg-Team und mir durchzulesen und dir eine eigene Meinung zu bilden. Was siehst du? Ich bin für Hinweise dankbar, was ich diesbezüglich in der Kommunikation zukünftig besser machen kann.

(Edit Dezember 24: Zum 38C3 wurde ich direkt aus den Matrix/IRC-Channels gebanned, als ich eine Veranstaltungsankündigung gepostet habe. Ich sei “known to be a probematic individual”. (!))

Ich dachte gar nicht, dass da so ein riesen Faß aufgemacht wird. Ich trage einen Workshop ein, oder organisiere ihn eben selbst in der Nähe, Leute die teilnehmen möchten nehmen teil, und fertig. Und wer nicht will, der kommt halt nicht. Wie bei jedem anderen x-beliebigen Thema auch. Ich bin friedfertig, und überhaupt nicht an irgendwelchen Kleinkriegen interessiert. Ich lasse mich aber auch nicht einfach so abspeisen. Wenn mir schon von mehr und mehr Leuten geraten wird, einen Anwalt zur Verteidigung meiner Rechte hinzuziehen und das nicht so hinzunehmen, dann macht mich das traurig. Ich möchte nicht anwaltlich gegen meine eigenen Gemeinschaften vorgehen. Ich möchte ein konstruktives Miteinander, kein Gegeneinander.

Schon alleine auf die Idee zu kommen, jemandem ein Veranstaltungsverbot zu erteilen weil er es wagt parallel ein Treffen zu organisieren, ob abgesprochen oder vereinbart oder nicht, zeigt, dass man hier weit davon entfernt ist die Werte zu leben und zu vertreten die ich mit dem CCC verbinde, die nach Außen propagiert und von anderen eingefordert werden. Von der Verantwortung sich hier an den gültigen Rechtsrahmen zu halten gar nicht erst zu sprechen. Noch schwerer wiegt die ja leider in diesen Kreisen inzwischen als üblich zu bezeichnende Gesprächsverweigerung. Da steckt gefährlicher sozialer Sprengstoff.

Mir wurden hier drei Dinge vorgehalten. Zwei davon stimmen schlicht nicht, und das dritte ist ein Missverständnis.

Ja, ich bin — wie sich dann erst durch das Veranstaltungsverbot herausstellte, fälschlicherweise — davon ausgegangen, dass man das hier genauso sieht und behandelt wie beim c3 auch. Manche mögen dem eine „klare Absage“ entnehmen und den Klärungsstil und die harten Konsequenzen in Ordnung finden. Ich sehe das anders. Meine Frage danach, welchen Aussagen des EH Content Teams ich entnehmen hätte sollen dass man sich, abweichend vom c3, auch gegen eine externe Durchführung ausspricht, bleibt bis heute unbeantwortet. Es wird nicht deutlicher, in dem man erneut betont das wäre doch “klar” gewesen. Nein, war es nicht. Dass ich das besser alles expliziter hätte absprechen und mich rückversichern sollen, das ist mir, jetzt, im Nachhinein, klar. Gleichzeitig bleiben Vorwürfe im Raum stehen, die nicht den Tatsachen entsprechen, und eine Klärung und Richtigstellung wird verweigert. Man hätte z.B. auch dazu stehen können, dass man das mit dem c3 ganz offensichtlich falsch interpretiert hat, und zu der angeblichen Veröffentlichung zu wenig weiß, um das auch nur Ansatzweise beurteilen zu können. Kann passieren. Aber dann nimmt man die Vorwürfe zurück und beharrt nicht drauf.

Und wenn man sagt, man schließe sich hier “vollumfänglich” der Schiedsstelle an, und ich darauf hinweise, dass das bedeuten würde, sich auch deren Urteil anzuschließen, wird behauptet, ich hätte damit ausgesagt sie seien dazu gezwungen. Das ist Verdreherei meiner Worte, ein weiteres Missverständnis, das mir negativ ausgelegt wird. Ich meine das was ich schreibe, nicht mehr, nicht weniger. “Wir wünschen Dir alles Gute für die Zukunft”?! Was sollen denn bitte solche Floskeln?

Um auf Bedenken eingehen zu können ist es notwendig, dass ich sie zunächst überhaupt nachvollziehen kann. Wenn meine Verständnisfragen dazu jeweils gar nicht erst beantwortet werden, macht es mir das unmöglich. Ich kann nur Mutmaßungen anstellen, und vorsichtig und mit Bedacht darauf Bezug nehmen, in der Hoffnung, schrittweise Näheres zu erfahren. Ich halte es für verfehlt, wenn mir Rückfragen übel genommen werden. Mir hingegen werden Mutmaßungen als angebliche Fakten entgegen gehalten.

Gut, dass es ein Mediations-Geekend geben wird. Ich sehe das als ein Zeichen Richtung Veränderung zurück zu einem Miteinander und Verständnis, wie es früher im Club mal gelebt wurde. Und das meine ich nicht nur auf mich bezogen. Ich kann inzwischen Dutzende Beispiele anführen, aus denen bis heute nicht gelernt wurde. Fragt ihr euch nicht, wieso es ständig so viel “Drama” gibt im Club? Wieso gibt es eine Schiedsstelle, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit Urteile fällt, aber keine Schlichtungsstelle? Ich “erwarte” hier nichts, im Gegenteil, ich bringe mich ja selbst seit bald 30 Jahren in ehrenamtlichen Kontexten ein. Aber wieso die Idee und angebotene Mitarbeit ablehnen? Ich habe viel zu erzählen, von mir und von anderen Betroffenen. Wieso nicht daraus lernen? Das macht allen auf Dauer weit weniger Arbeit, und nicht mehr.

Es ist mir also bis heute trotz vieler Bemühungen nicht gelungen, in einen Dialog zu treten. Dass ich das jetzt öffentlich ausbreite ist die Konsequenz davon. Ich erneuere hiermit meinen Wunsch zu Kommunikation (es heißt ja sogar Chaos Communication Congress), und auch das Angebot Mediator*innen zu finanzieren, wenn es schon so schwierig scheint einfach mal mit mir zu reden.

Dabei dient der Chaos Computer Club hier auch als ein illustrierendes Beispiel, schlicht weil es die Erfahrungswelt ist, in der ich mich seit bald 30 Jahren bewege. Vieles davon halte ich für übertragbar auf andere Gruppen und Gemeinschaften; ich betrachte den Club und die beobachtbare Dynamik in dem Zusammenhang nicht als etwas besonderes. Ich möchte hier auch niemandem persönlich Vorwürfe machen.

Dies ist der Auftakt eines “lebendigen Dokumentes”. Dem Wunsch von Betroffenen, sich über solche Themen austauschen zu wollen, stehen Bedenken der Gemeinschaft gegenüber. Ich möchte hier die jeweiligen Argumente, Bedenken und Bedürfnisse der verschiedenen Seiten sammeln und beleuchten, so wie sie mir bislang begegnet sind, und so wie ich sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt interpretiere. Es ist ein weiterer Versuch einer Annäherung. Einer Vermittlung zwischen dem, was ich als verhärtete Fronten wahrnehme.

Dabei freue ich mich auf jeden Wortbeitrag von Dir als Leser. Wie erlebst du das? Hast du ähnliche oder andere Erfahrungen gemacht, im Kontext CCC oder anderswo? Wie interpretierst du die Reaktionen? Welche Ansätze siehst du? Welche Bedenken teilst du, welche weiteren hast du? Kannst du mir Erklärungen liefern, damit ich die Kritik besser verstehe?

Das erklärte Ziel ist es, Bedenken ernst zu nehmen und zu adressieren, um so den Pfad zu ebenen, das aus meiner Sicht zentrale gesellschaftliche Thema der zwischenmenschlichen Gewalt und wie man mit Konflikten umgeht gemeinsam betrachten und bearbeiten zu können. So soll dieser Beitrag auch als Referenz dienen, immer dann, wenn mir wiederkehrende Bedenken begegnen, und auch anderen, die sich der selben Problematik in ihren Gemeinschaften gegenüber sehen. Vielleicht lässt sich jemand dazu gewinnen, hier vermittelnd aufzutreten, um die von mir und anderen erlebten “Fronten” aufzuweichen und zum Verständnis auf “beiden” Seiten beizutragen. Was braucht es, um in einen echten Dialog zu kommen?

Es wäre auch schön, wenn es jemanden dazu inspiriert, anstatt meiner solche Treffen anzubieten. Sie werden offensichtlich gebraucht. Vielleicht werdet ihr dafür nicht gleich verbannt. Viel Glück!

Ich greife hier niemanden persönlich an oder stelle irgendwen bloß. Es ist mir bewusst, dass so manche Leute noch wütender werden könnten durch meine Veröffentlichungen. Ich bin auch weiterhin für Vorschläge dankbar, wie man alternativ mit der Situation umgehen könnte, wenn leider jegliche direkte Klärung abgelehnt wird, egal wie sehr ich mich um eine Deeskalation bemühe. Allein daran zeigt sich, wie ausbaufähig die Mediationswerkzeuge des Clubs sind, um Konflikte beizulegen und eben nicht zu eskalieren.

“Die Schönheit in einem Menschen zu sehen ist dann am nötigsten, wenn er auf eine Weise kommuniziert, die genau das am schwierigsten macht”. (Marshall B. Rosenberg)

“Cancellation and expulsion can never be applied lightly or decided quickly, because they can generate further cycles of intra-community violence that continue to escalate and rot the transformative potential of our communities. These kinds of acts move us because, beyond pointing to one perpetrator as the perpetrator or aggressor, we can ask ourselves how the context we all share has allowed these aggressions to occur. What is our collective responsibility?” (How to identify, name and banish intra-community violence: Notes from the transfeminist community involved in hacking technologies and building feminist infrastructure)

“we do not ask the questions that are central to transformative justice: why has harm occurred? who is responsible, beyond the individual perpetrator — as in, how is community implicated? how can this harm be prevented in future? here is a distinction between punishment, justice, and healing.” (Kai Cheng: i hope we choose love)

“Die Geschichte des Beobachtens statt des Handelns wiederholt sich immer und immer wieder. So können toxische Personen stets viel zu lange ihr Unwesen treiben, bevor sie vom Korrektiv gestoppt werden. Das ist nicht nur schädlich für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, es fordert auch unzählige unnötige Opfer, die weit weg von der Öffentlichkeit still leiden und keinen Schutz erfahren. […] Jeder von uns, der Demütigungen und seelischen Missbrauch bei Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen, Freundinnen und Freunden beobachtet und sich aus Eigenschutz nicht vermittelnd für die Schwächsten in unserer Gesellschaft einsetzt, legitimiert diese zunehmende Form von psychischer Gewalt und ebnet Nachahmern das Feld. […] Existenzängste und Ohnmachtsgefühle des Einzelnen sowie des Kollektivs führen nicht selten dazu, dass sie sich bei Machtmissbrauch, Demütigungen und psychischer Gewalt lieber unschädlich halten, als den Betroffenen Unterstützung zu geben. Dieses Verhalten leistet dem Normalisierungseffekt Vorschub, der am Ende zur Legitimation, Akzeptanz, Abstumpfung und gar Verherrlichung und Nachahmung dieses unmoralischen, reuelosen Verhaltens führt.” (Dr. Anja Oswald, Dr. Pablo Hagemeyer und Dr. Jan Gysi: Toxic Leaders)

Motivation - Warum das ganze? #

Zunächst einmal: Es gibt offensichtlich Betroffene, die sich über Gewalterfahrungen austauschen wollen. Und sie wollen das im Kontext des Clubs tun. Sie wollen es nicht nur: Sie tun es bereits!

Ich halte es in jedem Fall für besser, für diese sowieso stattfindenden Gespräche einen klaren Rahmen und eine Austauschmöglichkeit zu schaffen, statt wie bisher Frontenbildung und Gerüchteküchen zu fördern. Alle Betroffenen mit denen ich bisher Kontakt hatte wünschen sich eine solche Möglichkeit. Für sich und für andere.

Interessant auch: Niemand hat mich mal gefragt, wieso der Wunsch existiert. Interesse am Gegenüber oder gar an den konkret gemachten Erfahrungen habe ich leider bis heute im Club nicht erfahren. Man könnte sich ja auch darüber austauschen, inwiefern denn Alternativen geschaffen werden könnten, die den Bedürfnissen der Betroffenen entsprechen und den jeweiligen Bedenken genügen.

Welche Bedürfnisse sind das, welche Ziele verfolgen “wir”? Mir fallen da zum Beispiel ein: Solidarität untereinander; Erfahrungsaustausch über Bewältigungsstrategien und was wir für uns individuell als hilfreich erlebt haben und erleben; Diskussion über existierende und ggf. zu schaffende Unterstützungsangebote speziell von und für Nerds und Hacker*inos; Sammeln von Verbesserungsvorschlägen zu existierenden Strukturen, um diese dann an die entsprechenden Gremien zurückzumelden; sich unter Gleichgesinnten Unterstützung anbieten; um Unterstützung bitten, auch in ganz praktischen Dingen. Vernetzung eben. Auf dem 37c3 wurde beispielsweise ein “Narzissmus-Chatbot” vorgestellt, der Sätze nach “narzissmustypischen Sprachmustern” analysiert.

Demonstrieren, und vor allem erleben, das man mit seiner Erfahrung nicht alleine ist, ist ein sehr zentraler Punkt. Auch dafür ist es notwendig, das innerhalb der jeweiligen Gemeinschaft zu machen, und nicht isoliert als Einzelner woanders. Viele Betroffene tun sich (noch) schwer damit, mit ihren Erfahrungen an “Fremde” heranzutreten, und wünschen sich unter Gleichgesinnten zu bleiben denen man sich zugehörig fühlt. Lassen sich Muster erkennen? Wie lassen sich ggf. zukünftige Opfer erreichen und warnen? All das ist spezifisch für die jeweilige Gemeinschaft. Wir sind hier, um gemeinsam zu wachsen und uns weiterzuentwickeln.

“THE ROLE OF THE COMMUNITY: Sharing the traumatic experience with others is a precondition for the restitution of a sense of a meaningful world. In this process, the survivor seeks assistance not only from those closest to her but also from the wider community. The response of the community has a powerful influence on the ultimate resolution of the trauma. Restoration of the breach between the traumatized person and the community depends, first, upon public acknowledgment of the traumatic event and, second, upon some form of community action. Once it is publicly recognized that a person has been harmed, the community must take action to assign responsibility for the harm and to repair the injury. These two responses – recognition and restitution – are necessary to rebuild the survivor’s sense of order and justice. […] Groups provide the possibility not only of mutually rewarding relationships but also of collective empowerment. Group members approach one another as peers and equals. Though each is suffering and in need of help, each also has something to contribute. The group requisitions and nurtures the strengths of each of its members. As a result, the group as a whole has a capacity to bear and integrate traumatic experience that is greater than that of any individual member, and each member can draw upon the shared resources of the group to foster her own integration. Evidence for the therapeutic potential of groups comes from across the spectrum of survivors. In one community survey, women escaping from battering relationships rated women’s groups as the most effective of all sources of help.” (Judith L. Herman: Trauma and Recovery)

“Friendship is born at that moment when one person says to another, ‘What! You too? I thought I was the only one.’” (C.S. Lewis)

Versuch einer Skizze der Dynamik #

Die Berührung mit dem Thema Gewalt kann (darf? sollte?) starke Gefühle auslösen. Eine typische und tragische Reaktion ist, zur Vermeidung dieser Gefühle den Blick abzuwenden, eine Auseinandersetzung abzulehnen, gar wütend zu werden auf denjenigen der es wagt, solche Themen anzubringen und darüber sprechen zu wollen. Ich kann nachvollziehen, dass das (zu) unangenehm ist, und aus der Mischung aus Wut und Angst eine Ablehnung gegenüber einem Thema insgesamt und allen die sich damit beschäftigen entstehen kann.

Tragisch ist das deshalb, weil durch diese Verdrängung eine Dynamik verfestigt wird, in der bei Gewalt weggeschaut wird, man sich zurückzieht und sowohl Opfer als auch Täter mit ihrer Gewalterfahrung innerhalb der Gemeinschaft alleine gelassen werden. Auf Gemeinschaftsebene führt das dazu, dass Täter keine korrigierenden Konsequenzen für ihr Handeln erleben und dadurch in ihren Strategien bestärkt werden, während auch Opfer nicht die notwendige Unterstützung erfahren (sekundäre Viktimisierung). Betroffene ernten durch diese Dynamik nicht nur häufig Schweigen und Orientierungslosigkeit, sondern erleben dadurch leider sogar (unbewussten und ungewollten) Täterschutz durch die Gemeinschaft.

Im Austausch mit Betroffenen im Clubumfeld erfahre ich von vielen solchen tragischen Interaktionen, häufig begleitet von der dadurch geformten Überzeugung, der CCC sei “in fester Hand von Narzissten, die jegliche Auseinandersetzung mit der Thematik zu verhindern wissen, und das ganz bewusst und absichtlich”. Aus meiner Sicht sollte man hier gegensteuern und in klärende und verständnisvolle Kommunikation gehen, damit sich diese Sichtweise nicht noch weiter verfestigt. Viele Betroffene haben z.B. keinerlei Vertrauen (mehr) in die Awareness- und Orga-Strukturen, die eigentlich ja dafür da sein könnten, so etwas aufzufangen, und sich wahrscheinlich bemühen, in solchen Momenten als hilfreich erlebt zu werden. Die negative Stimmung höre ich auch von Menschen, die sich früher in Awareness engagiert haben oder wollten, aber dann frustriert aufgegeben haben bzw. (aus ihrer Sicht) rausgedrängt wurden. Ich wollte mich mit Mitgliedern des Awareness-Teams dazu austauschen und ihnen zutragen, was mir da an negativer Stimmung ihnen gegenüber bisher alles so begegnet ist, aber auf meine Anfragen und Angebote dazu wurde bislang nicht eingegangen.

Ich halte diese “böse Narzissten”-Perspektive für unsere Gemeinschaft und gesellschaftlich für hochgefährlich, und möchte ablehnende Reaktionen eher als Unwissenheit, Überforderung und manchmal womöglich auch als Abwehrreaktion wegen eigener nicht aufgearbeiteter Betroffenheit deuten. Meine negativen Erfahrungen und die durch den bisherigen Austausch mit anderen Betroffenen gesammelten Eindrücke führten und führen mich dazu, mich insbesondere darüber austauschen zu wollen, wie wir als Gemeinschaft(en) zukünftig Betroffene besser auffangen und unterstützen können, und wie wir in unserem Communities aktiv Prävention betreiben können.

Je größer die Ablehnung und das Unverständnis, desto deutlicher wird für mich die Notwendigkeit, hier für Aufklärung zu sorgen und Strukturen zu verbessern.

Bedenken #

Es triggert mich, oder es könnte andere triggern, und deshalb darf es nicht stattfinden #

Ich nenne das das “451er Argument”, nach Fahrenheit 451. Dort werden Schritt für Schritt alle “kontroversen” Veröffentlichungen verboten, weil sie ja die Gefühle von jemand anderem verletzen könnten. Wozu das führt kann man u.a. dort nachlesen.

Das ist ein gesellschaftlich hochgradig gefährliches und schädliches Argument, weshalb ich es auch hier ganz an den Anfang stelle. Einige Aspekte davon hatte ich ja auch bereits oben angesprochen.

Inhalte hinter Triggerwarnungen zu verstecken ist ein Täterschutzprogramm. Die Opfer wurden und werden von den Taten selbst nicht geschützt. Das Thema klein zu halten bedeutet, Täterstrukturen weiterhin handeln zu lassen und wegzuschauen, statt der gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen, dem Schmerz zu begegnen, und (erst) dadurch handlungsfähig zu werden. Opfern ist damit nicht gedient, im Gegenteil. Betroffene wünschen sich die öffentliche Debatte. Ihnen wurde nicht zugestanden wegzuschauen.

Die Verantwortung für die eigenen, durch das Gegenüber ausgelösten Gefühle sollte man für sich selbst übernehmen. Trigger sind ein Signal, dass es da noch etwas Altes zu verarbeiten gilt. Das kann nur der/die Getriggerte selbst machen, und, ja, es kann sehr schmerzhaft sein, sich den Verletzungen der Vergangenheit zu widmen, und sie endlich anzuerkennen. Wird das nicht getan, wird das ehemalige Opfer in vergleichbaren Situation zum frischen Täter – mindestens durch vorgesetzte Vermeidung. Siehe auch spätere Abschnitte mit Links und Zitaten zu dieser Problematik.

Dem Gegenüber die Schuld zu geben einen getriggert zu haben, und jeden der Gefühle in einem auslöst oder Gefühle zeigt aus dem Leben zu blocken zerstört Beziehungen, privat wie gesellschaftlich, und schürt Konflikte, statt sie zu befrieden. Wenn ich meinem Gegenüber erlaube, meine Gefühle zu beeinflussen, gebe ich Kontrolle über mich und mein Erleben ab, und werde zum Spielball des Gegenübers, der das – bewusst oder unbewusst – “ausnutzen” kann und wird.

“Es triggert mich!” - Was genau löst es denn aus? Welche Gefühle, welche Gedanken, welche Erinnerungen kommen hoch? Lasst uns darüber sprechen! Räume schaffen, in denen solche Gespräche möglich und willkommen sind. Und nicht verboten. Das bedeutet es, sichere Räume zu schaffen.

“In welchen auch subtilen Formen sich Herrschaft und Gewalt zeigen, wie sich verschiedene Ebenen von Ungleichheit überlagern, wie alle Beteiligten in sie verstrickt sind, sie jede Faser unseres Körpers durchziehen und wie gesellschaftliche Widersprüche noch die Widerstandsformen durchwirken, lässt sich nur analysieren in einem kritischen Sicheinlassen auf die Abgründe gesellschaftlicher und zwischenmenschlicher Beziehungen und Konflikte, eine Auseinandersetzung, die für alle Seiten schmerzlich ist. […] Die alleinige Konzentration auf potenziell verletzende Darstellungen öffnet auch die Tore dafür, dass in den Kämpfen noch ganz andere Bedürfnisse ausgelebt werden können, nämlich tatsächlich dasjenige, sich gar keinen kritischen Auseinandersetzungen stellen zu wollen.” (Markus Brunner, Trigger-Warnungen)

“If you expose a problem, you pose a problem; if you pose a problem; you become the problem. The management of a problem becomes the management of a person. In other words, one way of dealing with a problem is to stop people from talking about it or to make the people who talk about it go away. If people stop talking about the problem, or the people who talk about it go away, it can then be assumed that the problem has gone away. I hear an instruction here. We are being told to stop talking about problems or go away.” (Sara Ahmed in “The Feminist Killjoy Handbook”)

“Strife arises from the attachment function, not, as members tend to believe, from the sensitivity or difficulty of the issues that face them. It is the fusion that makes the subjects or conflict unmanageable, not the other way around.” (Fusion in Relationships)

Spannendes Thema, gerne mehr Gespräche und Vorträge dazu!

Beziehungsgewalt ist ein Privatthema #

Ich zitiere hier z.B. mal: “Der Club ist kein Ort, um unglückliche Beziehungserfahrungen aufzuarbeiten.” – darum geht es erstens bei den Treffen nicht, zweitens sind das mehr als nur isolierte “unglückliche Beziehungserfahrungen”. Diese Formulierung kann ich auch unter wohlwollendster Interpretation nur so deuten, dass hier dringend mehr Aufklärung nötig ist, damit Opfer adäquate Unterstützung erfahren können und nicht auf Unverständnis stoßen. Das ist also definitiv ein Ansporn, kein Argument dagegen.

Auf dem Treffen am 37c3 wurde beispielsweise wie bereits erwähnt ein “Narzissmus-Chatbot” vorgestellt, der Sätze nach “narzissmustypischen Sprachmustern” analysiert. Man kann und will hier über vieles sprechen, und das muss keine möglicherweise noch nicht ganz verarbeiteten Erfahrungen tangieren.

Wichtiger noch: Eine toxische Beziehung betrifft nicht nur die (meist) zwei Beteiligten, sondern zieht das gesamte Sozialgefüge in Mitleidenschaft. Wie geht ein Hackerspace damit um, wie eine größere Gemeinschaft wie der CCC? Dazu gibt es genug Themen und Ideen, die diskutiert werden können und wollen. Hier für teilweise triviale Verbesserungen zu sorgen macht auf Dauer allen weniger Stress als es aktuell der Fall ist. Niemandem soll hier mehr Arbeit gemacht werden. Im Gegenteil.

Toxische Beziehungen können auch unter Arbeitskollegen existieren, oder eben z.B. in Hackerspaces. Da braucht es kein “Liebespaar” zu. Mir sind einige Fälle solcher toxischen Beziehungen bekannt, aus verschiedenen Hackerspaces. Das hätte die jeweiligen Spaces jeweils fast zerstört.

“Jeder unwillkommene Konflikt hinterlässt Wunden in der Gemeinschaft. Es geht nicht um die Lösung des Konfliktes, sondern um die Heilung der Gemeinschaft.” (Dominic Barter)

“Trauma is the defense of the abused against the perpetrators’ will to make their crimes forgotten. […] Advances in the field occur only when they are supported by a political movement powerful enough to legitimate an alliance between investigators and patients and to counteract the ordinary social processes of silencing and denial. In the absence of strong political movements for human rights, the active process of bearing witness inevitably gives way to the active process of forgetting. Repression, dissociation, and denial are phenomena of social as well as individual consciousness.” (Judith Herman, quoted in the Handbook of Interpersonal Violence and Abuse Across the Lifespan)

“Exposure to violence in early childhood can lead to a negative cascade of poor emotional, cognitive, and behavioral regulation and continued violent attachments across the lifespan […] While not all victims become perpetrators and not all perpetrators are victims, the perpetrator-victim pattern may be the most common form of perpetration.” (Handbook of Interpersonal Violence and Abuse Across the Lifespan)

Du hast da eine Anspruchshaltung, die nicht “be excellent to each other” entspricht #

Ich habe eine Meinung. Ich bin der Meinung, dass man bei Konflikten sich nicht einer Klärung komplett verweigern sollte, weil man dadurch den Konflikt nur eskaliert. Ich bin der Meinung, dass man niemandem ein Veranstaltungsverbot auferlegen sollte, und es rechtlich auch nicht kann, nur weil derjenige sich nicht der Meinung der Veranstalter anschließt. Ich bin der Meinung, dass rechtliche Vorschriften in dem Fall positiv abbilden, was ich in einer Demokratie für wichtig halte: es muss tatsächliche Gründe geben für einen Ausschluss, und nicht nur imaginierte, und eine Anhörung bedeutet, sich dann auch mit den vorgebrachten Argumenten auseinander zu setzen und sie nicht einfach zu ignorieren. Ich bin der Meinung, dass du eine andere Meinung haben darfst und sie auch öffentlich vertreten, und man jemanden nicht nur auf Basis einer abweichenden Meinung irgendwelchen Repressalien aussetzen sollte. Ich bin der Meinung, dass man niemandem untersagen kann oder sollte, parallel zu einem Event extern eigene Veranstaltungen zu organisieren. Ich bin der Meinung, dass das alles nicht den Club-Prinzipien entspricht.

Und du hast das Recht, in all diesen Punkten anderer Meinung zu sein.

Ich bin erstaunt und irritiert, dass wir darüber überhaupt diskutieren müssen. Ich dachte, das haben wir gesellschaftlich durch.

Das “be excellent to each other” verkommt als Vorwurf anderen gegenüber zu einer Waffe: “Be excellent to each other - OR ELSE…!”. Was wurde aus “All creatures welcome”?

Du bist offensichtlich emotional instabil! Ich hoffe du findest die notwendige professionelle Hilfe #

Dieses erstaunlich häufig geäußerte “Bedenken” kommt bei mir nicht als Fürsorge an. Es ist bislang immer begleitet mit der Totalverweigerung weiterer Gespräche. Auch meiner Bitte doch auszuführen, wieso derjenige zu diesem Schluss kommt, auf Basis welcher konkreten Aussagen oder Handlungen meinerseits, wird nicht nachgekommen. Erklärt es mir. Lasst uns darüber sprechen. Freut mich ja, wenn ihr euch um die mentale Gesundheit eurer Mitmenschen Sorgen macht. Aber in der Form kommt es schlicht als Beleidigung an.

“If any member acts truly differently, he or she is deemed crazy or bad, and strong united pressure is borne on him or her to change back.” (Fusion in Relationships)

Der Titel/die Beschreibung sind nicht neutral #

“Toxische Beziehungen” und “narzisstische Gewalt” sind übliche und in dem Zusammenhang häufig verwendete Begriffe. Aus meiner Sicht ist hier am problematischsten, dass inzwischen so ungefähr jeder ein “Narzisst” ist und jede negative Beziehungserfahrung “toxisch”. Das macht es Opfern schwer, Gehör zu finden, oder ernst genommen zu werden.

Ich verwende diese Begriffe ganz bewusst, um gerade die Menschen zu erreichen, die in dieser Art “Feindbildern” “feststecken”. Diese finden bergeweise Material im Internet, und werden damit alleine gelassen bzw. tauschen sich mangels Alternativen über Flurfunk-Getuschel womöglich nur mit anderen aus, die ebenso “feststecken”. Genau solche Zusammenkünfte wie die von mir vorgeschlagenen können hier hilfreich sein, um sich über unterschiedliche Perspektiven und Meinungen auszutauschen. Jemand mit zwischenmenschlichen Gewalterfahrungen holt man mit z.B. Gesprächskreisen über gewaltfreie Kommunikation schlicht nicht ab. Ich halte den “Narzissmus”-Begriff übrigens für schädlich. Aber gefragt hat mich niemand. Es wird einfach behauptet, ich bzw. der Titel wäre “nicht neutral” – was auch immer Neutralität hier bedeutet. Was wäre denn “neutral”? Ich würde gerne mehr darüber erfahren, wie man das hier konkret interpretiert.

“Gewalt” als Begriff mag zunächst abstoßend klingen. Er ist neutral, in dem Sinne, dass er präzise ist. Was jemand unter Gewalt versteht, welche Formen von Gewalt, darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein und sich austauschen. Wenn man es denn “dürfte”.

Ich bin offen für Gespräche dazu, was einen “geeigneteren” Titel bzw. Beschreibungstext angeht. Meinungen? Vorschläge?

Es scheint hier eine Verwechslung stattzufinden. Meine Haltung, meine Meinung, bringe ich durch die Verwendung von Begrifflichkeiten gar nicht erst zum Ausdruck, sondern schlicht, wen ich damit ansprechen will. Nach meiner Meinung wurde ich noch gar nicht gefragt. In meinem Vortrag wäre es z.B. darum gegangen, die verschiedenen Perspektiven und Definitionen des Begriffes “Narzissmus” aufzuzeigen und gegenüberzustellen. Dazu braucht es gar keine persönliche Positionierung.

Woher auch überhaupt plötzlich der Anspruch, Vortragende bzw. Workshop-Organisatoren und -Titel müssten neutral sein? Das ist doch auch bei keinem anderen Thema verlangt. Es findet sich dann schon jemand mit gegenteiliger Meinung. Wir treffen uns doch, um uns respektvoll miteinander über unterschiedliche Meinungen auszutauschen.

„Bei einem Streit ist auf beiden Seiten der Wunsch gleich groß, ernst genommen zu werden.“ (Marshall B. Rosenberg)

Ein Austausch unter Betroffenen wirkt retraumatisierend für die Betroffenen #

“Die betroffenen Angehörigen wollen selbst entscheiden, was ihnen gut tut und was sie machen möchten, um weiter leben zu wollen. Nichtbetroffene können unmöglich einschätzen, was für diese betroffenen Angehörigen gut ist. Sie haben nicht das erlebt, was die Angehörigen erlebt haben.” (ANUAS Traumaportal)

Plötzlich scheint jeder Experte für Traumata, aber wenn ich nach Quellen und Belegen frage, und als Trauma-Interessierter ins Gespräch gehen möchte und z.B. Quellen anbiete die das differenziert ausarbeiten und betrachten, dann kommt leider nichts mehr. Gerne würde ich diesen Punkt mit anderen Interessierten diskutieren und mich darüber austauschen. Zum Beispiel, ja, genau, im Rahmen eines Treffens, wie wir es gerne durchführen möchten.

Vergleicht das doch mal mit jedem anderen politisch brisanten Thema. Veganer könnten Fleischesser verunsichern! Linux-User könnten Windowsnutzer retraumatisieren! Fahrradfahrer gefährden die mentale Stabilität von Autofahrern! Legalisierungskampagnen zu Cannabis? Nicht mit uns!

Klassische Traumafolgestörungen wurden gerade zu anfangs im (US-)militärischen Kontext diagnostiziert und untersucht. Betroffene wurden als “Probanden” mit anderen Betroffenen unter de fakto Zwangsmaßnahmen zusammengeworfen und zu einem Debriefing gezwungen. Die Vorstellung war, dass man nur oft genug und wieder und wieder als Militärarzt “reinbohren” muss, und das Erlebte “auserzählt” gehört bis es nicht mehr weh tut. Bohrende Rückfragen, Bagellisierung, Erlebtes wird in Frage gestellt. Das sind retraumatisierende Elemente. Siehe dazu auch weiter unten im Abschnitt über sogenannte “Fürsorge”.

Was retraumatisierend wirkt in dem Zusammenhang ist die erneute Zwangssituation, der erneute Kontrollverlust. Man erlebt also die noch nicht hinreichend verarbeitete Gewaltsituation erneut. Als “Kranker”, der aufgenötigten “Therapie” unterworfen. Man will ja auch “gesund” werden.

“the re-stimulated memory, instead of being a pure repetition of the original event can become a healing experience if the person is aware of some component in the present that is different from the original event, and is experienced as safe and supportive” (Ernest Rossi, zitiert von Vivian Broughton in “Steps to understand re-traumatisation”)

Hilfreich ist es sicherlich, die Teilnehmern am Anfang explizit darauf hinzuweisen, dass sie sich jederzeit rausziehen können, dass sie nichts beitragen oder sagen müssen, dass sie willkommen sind mit all ihren Gefühlen so wie sie sind. Hilfreich ist, einen Rückzugsort bereit zu halten.

“Retraumatisierung” sollte man hier klar abgrenzen von einer anderen Gefahr: nämlich dass sich Opfer “reinsteigern” in ein “Feindbild”, und so “nicht aus ihrer Opferhaltung heraus finden” – sondern sich gemeinsam ohnmächtig fühlen. Die Gefahr ist aus meiner Sicht ungemein größer wenn man sie damit alleine lässt, vor allem in Zeiten in denen das Internet voll ist von Feindbildmaterial und abertausenden fragwürdigen kostenpflichtigen Unterstützungsangeboten durch “Life Coaches” und selbsternannten “Narzissmusexperten”. Gerade hier ist ein Austausch in so rational verankerten Kreisen wie dem Chaos Computer Club hilfreich. Es kann es zumindest nicht schlimmer machen als es eh schon ist. Dass das so ablaufen könnte, dass ich das als Moderator so laufen lassen würde, ist übrigens eine Unterstellung. Ich habe mich gut vorbereitet, nutze entsprechende Moderationswerkzeuge, und mache im Intro auch klar, dass ich sie einsetzen werde.

Ist denn was schlimmes passiert am 37c3? Im Gegenteil. Es war sehr schön, und stimmig für alle Beteiligten.

“In that moment [of experiencing harassment], I would have really benefited, I think, from a peer support network…what I would have wanted… is just access to other women who had gone through this experience.” “The magic of any kind of group work or therapy is just being seen. Just having the opportunity to be heard and to be seen and to be listened to is actually really profound for people.” (PEN: The Power of Peer Support)

Das leitet gut über zum nächsten Punkt:

Wir können für die Sicherheit nicht garantieren #

“Gemeinsam werden wir einen mutigen Raum schaffen. Weil es so etwas wie einen “sicheren Raum” nicht gibt.” (aus: Holding Change: The Way of Emergent Strategy Facilitation and Mediation)

Es ist schön, wenn sich um die psychische Gesundheit von Mitmenschen Gedanken gemacht wird, und Unterstützungsangebote geschaffen werden. Es ist allerdings in jedem Kontext hässlich, wenn etwas unter dem Deckmantel der “Fürsorge” über die Adressaten hinweg entschieden wird, und sie dabei noch nicht einmal einbezogen werden. Das weckt gerade bei Gewaltbetroffenen unschöne Erinnerungen an erlebte Zwangssituationen und kann so den gegenteiligen Effekt entfalten. Niemand möchte, dass irgendetwas für ihn entschieden wird, und schon gar nicht gegen den erklärten eigenen Willen. “Du bist krank, du kannst das nicht selbst entscheiden.” – das macht krank.

Betroffene erleben es als einen wichtigen Schritt zurück in Richtung Autonomie und Selbstwirksamkeit wenn sie selbst entscheiden “dürfen” was ihnen gut tut, und was sie sich zumuten möchten. Das ist elementares Element einer “Heilung”. Niemand wird gezwungen, zu einem solchen Treffen zu kommen, oder dort zu bleiben. Es ist hilfreich, all diese Aspekte zu Beginn deutlich anzusprechen, um die Handlungsoptionen und Hilfsangebote zu betonen – und dann in die Hand der jeweiligen Person zu legen. Alles andere betrachte ich als übergriffig.

“In der Geschichte des beruflichen Helfens herrschte über Jahrhunderte hin weg eine barmherzige oder eine korrigierend kontrollierende Haltung vor (vgl. Müller 2013): Fürsorge diente in erster Linie dazu, die gesellschaftlichen Strukturen stabil zu halten und Sonderlinge zur Anpassung zu zwingen. Wer sich nicht fügte, wurde von der Gemeinschaft ausgeschlossen. Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu eröffnen, war weder erwünscht noch vorgesehen. Sie hatten kaum Einfluss auf Entscheidungen und sollten dankbar sein, dass ihnen geholfen wird. Diese Art der Hilfe und Bevormundung verschlimmerte die Abhängigkeit der Hilfebedürftigen von staatlicher Unterstützung und verstärkte das Gefühl von Hilflosigkeit. Auch heute noch stoßen Menschen, die Unterstützung suchen, oft auf Bevormundung: „Ein Obdachloser sollte sein erbetteltes Geld für Essen ausgeben, nicht für Bier und Zigaretten! Wozu braucht eine Sozialhilfeempfängerin einen Internetzugang?“

Die modernere Nachfolgerin der kontrollierenden Fürsorgepädagogik ist die paternalistische Expertokratie. Ihr entspricht die Auffassung, dass eine Fachkraft aufgrund ihrer Qualifikation besser als die Betroffenen weiß, was gut für sie ist. So erscheint es bspw. legitim, die Selbstbestimmung von Adressatinnen und Adressaten zu beschneiden, solange es deren Wohlergehen dient. Die paternalistischex pertokratische Haltung ist in der Praxis sozialer Berufe noch weitverbreitet und widerspricht dem partizipativen Professionsverständnis: Denn hier sind die Adressatinnen und Adressaten Expertinnen und Experten in eigener Sache, die selbst am besten wissen, was hilfreich für sie ist. Ihre Lebensweltexpertise (weitere Informationen zu Lebensweltexpertise auf Seite 25) wird als ebenso wichtig erachtet wie das Fachwissen der Professionellen.” (aus: Straßburger, Rieger: Partizipation kompakt)

Nicht jeder mit Gewalterfahrung ist gleich posttraumatisch belastet. Wer sich nicht im Stande sieht, an einem solchen Treffen teilzunehmen, der wird nicht daran teilnehmen. Oder gehen, wenn es ihr zu viel wird.

Der Hinweis, dass man sich hier Gedanken gemacht hat, und sich leider nicht in der Lage sieht zusätzliche Unterstützung zur Verfügung zu stellen ist sicherlich willkommen. Aber auch hier würde ich empfehlen, die Betroffenen (und den Veranstalter) erst mal zu fragen, welche Unterstützung sie überhaupt hilfreich fänden, oder Vorschläge zu unterbreiten. Man muss da gar nichts wissen, weil die Betroffenen selbst am besten wissen was sie brauchen. Einfach mal fragen. Das kommt gut an.

“In einer Praxis des Care gebe es eine Gratwanderung zwischen Verantwortung und Bevormundung, zwischen Selbstachtung und Achtsamkeit sowie zwischen Desinteresse und Überforderung. Die äußert problematischen Konnotationen, die sich mit dem Fürsorgebegriff verbinden, sind damit nicht aufgehoben, aber dem Ansatz von Conradi lässt sich normativ zumindest entnehmen, dass es in einer helfenden Beziehung nicht dazu kommen darf, den Anderen seiner Eigenressourcen zu berauben und ihn aus der Sphäre der möglichst selbstständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung zu verdrängen.” (Kurzke-Maasmeier, Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft)

Fürsorge und Unterstützung kann nur angeboten und gemeinsam mit den Adressaten entwickelt werden, nicht “vorgeschrieben”. Dann ist es keine Unterstützung mehr, sondern ein bevormundender Befehl von oben herab, vom “Gesunden” zum “Kranken”, vom “Kompetenten” zum offensichtlich “Inkompetenten”.

Natürlich haben wir uns Gedanken gemacht zu wirklich hilfreichen Formen der Unterstützung, und uns vorbereitet auf mögliche Szenarien. In Bundesländern wo es den gibt kann das in Notfällen z.B. der sozialpsychiatrische Dienst sein. Listen mit lokalen Bereitschaftsdiensten und Therapeuten werden zur Verfügung gestellt. Wenn gewünscht, könnte auch ein Therapeut vorab informiert und “auf Abruf” gewonnen werden können. Würde es diesen Punkt adressieren, wenn wir das tun?

Das Treffen auf dem 37c3 fand ganz bewusst in räumlicher Distanz zum c3 statt, mit viel Platz und Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten. So wird das auch weiterhin gehalten. Wir sorgen schon für uns! Wir würden uns natürlich freuen über Unterstützungsangebote, und an Interesse daran wie man uns etwas Gutes tun kann. Backt uns doch einen Kuchen!

Das gehört thematisch nicht hier her #

Dieses Argument überrascht. Der Club bedient klassischerweise ein sehr breites Themen- und Interessenspektrum. Alles was für die Gemeinschaftsmitglieder von Interesse ist, ist auch willkommen. Vor allem in den self-organized Sessions. Insbesondere aber Themen, die eine breitere Relevanz für Gemeinschaften, und eine politische Dimension für die Gesellschaft besitzen.

Hier würde mich die Gründe interessieren, wieso man das für nicht “relevant” hält. Es wird hingegen als Fakt einfach so hingeworfen, als sei das ja klar. Mir ist es nicht klar.

“Die Details, die sich im Laufe des Tatgeschehens abbilden, sind meist Wiederholungen des Täterverhaltens (Handlungen, Gesten, verbale Ausdrücke), die bei den eigenen traumatischen Erlebnissen erfahren wurden. Darüber hinaus beinhalten Profilähnlichkeiten auch strukturell ähnliche Orte des Geschehens und den Gebrauch vergleichbarer Waffen (bzw. Dinge, mit denen Gewalt zugefügt wurde). […] Hier sind nahezu identische Wiederholungen der vormaligen Täterhandlungen innerhalb einer höchst vergleichbaren Kulisse anzutreffen.” (aus: G. Fischer et al: Vom Opfer zum Täter)

Zu dem Thema gibt es bereits einen Vortrag #

Ich wurde ich auf buecherwurms Vortrag zu missbräuchlichen Beziehungen auf dem Camp23 “verwiesen”, den ich hier gerne verlinke. Außerdem bekannt ist mir noch Anns Vortrag über sexualisierte Gewalt auf dem 36c3. Neu hinzugekommen ist Wawuschels Vortrag auf der GPN22 zu Zivilcourage.

Ich möchte in dem Zuge gerne einen Ausschnitt aus der Beschreibung aufgreifen:

“Indem wir eine Atmosphäre schaffen, in der über Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt geredet werden kann, können wir Betroffene in der Bearbeitung unterstützen und insgesamt zur Sensibilisierung beitragen. Gruppen zur Unterstützung Betroffener und Awarenessgruppen sind eine Möglichkeit, um Betroffene von sexualisierter Gewalt zu stärken und ein Bewusstsein für Veränderung zu schaffen. Professionelle Organisationen klären auf, beraten und begleiten Betroffene. Hacken ist nicht ausschließlich eine technische, sondern auch eine politische und soziale Aktion und ebenso eine interaktive Handlung. Lasst uns die Tabuisierung des Themas sexualisierte Gewalt hacken und zusammen daran arbeiten, unsere Community zu einem besseren Ort zu machen.”

Das Thema ist groß und vielschichtig. Das Thema ist gesellschaftlich relevant. Ich bin seit über einem Jahrzehnt auf sehr vielen Veranstaltungen, und das Argument “darüber hätte es bereits einen Vortrag gegeben” würde über den Daumen gepeilt 98% aller Vorträge eliminieren. Es gibt viele Facetten, die ich gerne näher beleuchtet sehen würde, und ich würde mich dazu gerne austauschen dürfen. Zwei Vorträge in 42 Jahren sind da meines Erachtens viel zu wenig für die Größe des Themas.

Dir fehlt die nötige Qualifikation #

1.) In über 25 Jahren Datenschutzaktivismus habe ich dutzende Fachvorträge gehalten, war Co-Chair eines akademischen Symposiums, war in der Tagesschau und vielen anderen Formaten als ‘Experte’, hätte einen Doktoranden betreut wenn nicht Covid dazwischengefunkt hätte, mir wurden verschiedene Jobs und Forschungsstellen angeboten, und so weiter und so fort. Und das mit abgebrochenem Studium. Nicht, dass jemals auch nur einer danach gefragt hätte.

Diese Aussage überrascht auch deshalb, weil man gerade im CCC “Qualifikationen” in Form von Abschlüssen und Zertifizierungen klassisch sehr kritisch gegenüber steht. Der CCC ist erklärtermaßen ein “Amateurverein”. Es geht um den Austausch und das gemeinsame Wachstum, ohne willkürliche Schranken wie “Qualifikationen”, die eher ausdrücken aus welcher gesellschaftlichen Klasse jemand stammt, als mit Wissen, Erfahrung oder auch einfach nur Interesse am Thema. Ich habe nirgends behauptet ich wäre ein Experte für irgendwas. Das maße ich mir nicht an.

Meine bisherigen “Workshops” sind erklärtermaßen Treffen für Betroffene von Betroffenen. Es sind verschiedenste Formate vorstellbar (und ich zeige mich offen für Vorschläge), aber ich wählte bewusst dieses Format, um die Vernetzung unter Betroffenen zu unterstützen, und dort überhaupt erst mal erfahren worüber die Leute so reden wollen miteinander; welche Themen gefragt sind. Das entspricht auch dem Wunsch derjenigen, mit denen ich darüber bisher gesprochen habe. Wir möchten uns austauschen, explizit als Nichtexperten bzw. als Experten durch Betroffenheit. Nicht jedes Treffen unter Betroffenen ist gleich eine Selbsthilfegruppe. Und nicht jede Selbsthilfegruppe ist gleich eine therapeutische Selbsthilfegruppe. Nicht jedes Treffen von Kaffeenerds ist eine Selbsthilfegruppe für Kaffeesüchtige. Ja, es ist hilfreich, das zu Beginn der Treffen explizit klar zu machen, eine Abgrenzung vorzunehmen, und das Ganze gewissenhaft zu moderieren, damit es nicht aus dem Ruder läuft. Ich darf mich auf den CCC-Events mit anderen Alkoholabhängigen zusammentun und mich besaufen, aber nicht über Gewalt unterhalten? Wer passt dabei auf, und mit welcher “Qualifikation”?

2.) Wen gibt es denn aus “unseren Kreisen”, der über eine entsprechende Qualifikation verfügt, und so etwas begleiten möchte? In der Abwägung sollte berücksichtigt werden, dass sich viele (noch) nur unter “Gleichen” wohl fühlen, gerade bei solchen Themen. Und es wollen ja auch Inhalte besprochen werden, die speziell mit dem Club zu tun haben. Vielleicht findet sich ja über diesen Aufruf jemand, der hier statt meiner die Frontfrau spielen möchte, das Vertrauen der Betroffenen genießt, und “Qualifikationen” vorweisen kann?

3.) Ich habe auf dieses geäußerte Bedenken angeboten, Fachpersonen dafür zu gewinnen. Siehe z.B. Mailthread der Easterhegg. Spätestens damit sollte sich dieser Punkt also erledigt haben. Auch auf dieses Angebot wurde nicht eingegangen. Sollte dir in einer ähnlichen Situation dieses Argument begegnen, und es daran scheitern, wende dich gerne an mich und wir können über eine mögliche Kostenübernahme sprechen.

4.) Welche Qualifikation würde denn den Anforderungen genügen? Ich bin MHFA-Ersthelfer für psychische Gesundheit, durchlaufe gerade eine Ausbildung zum ’empathischen Coach’ auf GfK-Basis, beginne im März eine Ausbildung in Identitätsorientierter Psycho-Traumatheorie, mache noch vor der Easterhegg eine durch die Gesellschaft für Psychotraumatologie Traumatherapie und Gewaltforschung (GPTG) zertifizierte ‘Basisqualifikation Psychotraumatologie’ und lasse mich im Sommer in Prozess- und Embodiment Psychologie (PEP) ausbilden. Oder wäre ein Heilpraktiker für Psychotherapie “wünschenswert”? In manchen Gemeinschaften vielleicht “von Vorteil”, gehe ich davon aus dass Heilpraktiker in CCC-Kreisen eher noch weniger ernst genommen werden… Oder soll es eine Psychologische Psychotherapeut*in oder gar nur Arzt*innen/Psychiater*innen sein? Was wollt ihr? Teilt es mir mit, und ich werde mich bemühen entsprechende Menschen zu gewinnen.

Dir fehlt die Kompetenz #

Interessant ist zunächst, dass mir das bisher nur als Aussage begegnet, und nicht als Rückfrage. Dabei stellt sich mir die Frage, auf welcher Basis jemand meint, das beurteilen zu können. Mich würde das wirklich interessieren. Sonst bleibt es als reine Beleidigung im Raum stehen.

Seit inzwischen vielen Jahren vergeht kaum eine Woche, in der ich nicht bei der Verarbeitung unangenehmer Erinnerungen begleitet werde, und andere mit begleiten darf. Ich bin mir bewusst, welche Verantwortung die Konfrontation mit solchen Themen für eine Veranstaltungsleitung bedeutet, die Aufmerksamkeit auf eigene Grenzen und Grenzen des Gegenübers, welchen Stellenwert es einnimmt präsent und ausschließlich für das Gegenüber da zu sein, und wie zentral das was in der systemischen Welt Auftrag/Auftragsklärung und der überlegte Einsatz von Methoden und Werkzeugen dabei sind. Siehe auch Abschnitt “Qualifikationen”.

Woher weiß man denn von vornherein, über welche Kompetenzen ich verfüge? Dürfen das nicht üblicherweise die Teilnehmer selbst entscheiden? Anhand welcher Kriterien wird diese Kompetenz vorab bewertet? Wo kann ich die Kompetenzprüfung ablegen? Ich hatte z.B. angeboten, dass an den Treffen jemand teilnehmen könnte, der das beurteilen möchte. Auf das Angebot wurde bislang nicht eingegangen.

Besitze ich nicht die Kompetenz eines Betroffenen?

Besitze ich nicht die Kompetenz, lesen zu können und Inhalte zusammenfassen zu können?

Besitze ich nicht die Kompetenz eine Meinung zu haben?

Besitze ich nicht die Kompetenz des Vertrauens - Im Gegensatz zu Gremien wie Orga, Content Team, Awareness und Schiedsstelle genieße ich das Vertrauen anderer Betroffener und kann dadurch zur Verständigung zwischen den verschiedenen nicht miteinander kommunizierenden “Lagern” beitragen. Könnte, wenn man mich lassen würde.

Besitze ich nicht vielleicht doch die Kompetenz, Vorträge zu halten, Veranstaltungen zu organisieren und Workshops zu leiten, und vielleicht sogar in gewissem Maße und verantwortungsbewusst Konflikte und psychische Notfälle zu begleiten? Soll ich entsprechende Testimonials oder Referenzen einsammeln, hilft das? Wollt ihr einen Lebenslauf? Aussagen von Menschen die ich in psychischen Notsituationen begleitet habe, und die sich immer wieder bedanken wie “kompetent” ich dabei war?

Auch hier: Angebote, dieses Thema durch Einbezug von “Fachleuten” abzuhaken, wurden abgelehnt.

Du hast nicht die notwendige emotionale Distanz #

Als Betroffener bist du nicht geeignet, darüber zu sprechen #

Lügt euch doch nicht selber an. Wir sind alle direkte Betroffene von interpersoneller Gewalt.

Kein Betroffener darf jemals mehr den Mund aufmachen? Wie sollte jemand anderes über etwas sprechen, das er nicht erlebt hat? Von wem haben die “Experten” denn ihr “Fachwissen”? Wann bin ich kein Betroffener mehr? Gibt es überhaupt Menschen, die keine Gewalterfahrungen gemacht haben in unseren Gesellschaften? Haben wir vielleicht einen unterschiedlichen Gewaltbegriff?

Zum Beispiel wurde mir von der Easterhegg-Orga vorgehalten, es sei “aus deinen öffentlichen Äußerungen ersichtlich, dass du nicht die erforderliche persönliche Distanz zu dem Thema hast”. Mit dieser Rückmeldung kann ich nichts anfangen, solange mir nicht konkret genannt wird auf welche Äußerungen man sich hier bezieht, wie man daraus ableitet ich hätte nicht die “erforderliche Distanz”, und wieso man überhaupt meint, man müsse hier eine Distanz haben um darüber sprechen zu dürfen oder als Moderator zu fungieren. Ich würde es gerne nachvollziehen können.

“Gewalt ist kein persönliches Stigma, sondern erlebtes Unrecht. Gewalt ist eine auf Machtstrukturen basierende Handlung, die einen Menschen auf ein Objekt reduziert. Das Definieren des Erlebten als Gewalthandlung ist der Beginn der Wiederaneignung des Subjektstatus. […] Aus der Analyse leitete sich unmittelbar ab, dass Selbstbestimmung im Bearbeitungsprozess sexualisierter Gewalt von zentraler Bedeutung ist. […] Vor allem in der öffentlichen Diskussion um sexualisierte Gewalt wird Betroffenen zunehmend zugestanden, Expert*innen zu sein. Dabei werden sie - wie auch im fachöffentlichen Diskurs - teilweise als „Expert*innen aus Erfahrung“, teilweise als „Expert*innen in eigener Sache“ bezeichnet. […] Um Stigmatisierung, Entmündigung und Abwertung von Betroffenheit strukturell entgegen zu wirken, braucht es Anlaufstellen, die von Betroffenen selber betrieben werden. In ihnen sollen sie als Betroffene mit ihrer ganzen Lebenserfahrung, Kompetenz und Expertise sichtbar sein.” (Tauwetter e.V., Thomas Schlingmann: Der betroffenenkontrollierte Ansatz)

“Übersehene Kinder” wollen vor allem eins: Nicht mehr länger als engste betroffene Angehörige psychisch kranker Elternteile übersehen werden! Weder in ihren aktuellen Beziehungen zu Menschen noch von der Fachwelt oder der Gesellschaft. Sie wollen sich wiederfinden in den gesellschaftlichen, fachlichen und feministischen Diskursen zu den Themen (gesellschaftliche) Macht- und Gewaltverhältnisse, Traumatisierung und ihre Folgen, Rolle der Mütter, Väter und Familien, Psychische Erkrankungen, inklusive der Bereiche psychiatrische Praxis, Prävention, Therapie und Opferentschädigung. Sie wollen, dass über psychische, physische und sexuelle Gewalt und ihre (Traumatisierungs)Folgen mehr Aufklärung erfolgt sowie Bewusstsein und Wissen in der Gesellschaft entsteht - bei den Betroffenen, aber auch in therapeutischen und juristischen Zusammenhängen. (Jana Reich: Übersehene Kinder)

Du möchtest das als Bühne nutzen, um über deine eigenen Täter*in herzuziehen #

Erstens ist das eine Unterstellung. Wie kann ich mich gegen eine Unterstellung wehren? Wie soll ich beweisen, dass ich etwas nicht tue, wenn mir noch nicht einmal die Gelegenheit dazu eingeräumt wird?

Ich könnte auch einen Batik-Workshop einreichen und den dann einfach dreist als eine solche Bühne nutzen. Oder einen Lighting Talk über DIY-Schuhcreme und stattdessen über meine Ex-Verlobte “herziehen”. Möchte ich aber gar nicht. Habe ich nie getan. Ich weiß gar nicht wie man darauf kommt. Legt mir bitte eine einzige Äußerung von mir vor, in der Vergangenheit oder Gegenwart, in der ich über sie “herziehe”. Oder über sonst irgendwen. Das habe ich nicht, will ich nicht, und werde ich nicht tun. Ich habe uns immer beide als Opfer gesehen. Es gibt überhaupt keinen eindeutigen “Täter” in einer toxischen Beziehung. Es gibt nur Taten. Auch daran erkennt man, dass hier wichtige Wissenslücken bestehen.

Mir geht es darum, dass die Club-Gemeinschaft nach meinem Erleben hier völlig versagt hat, nicht adäquat reagiert und uns beide nicht unterstützt hat. Und das nicht nur in unserem Fall, sondern in vielen davor. Jedes Versagen ist gleichzeitig eine Chance, etwas daraus zu lernen, die Schwachstellen und Fehler zu identifizieren, und es zukünftig besser zu machen. Darum geht es mir. Ich bin der Meinung, dass ich dieser Meinung nicht nur anhängen darf, sondern sie auch öffentlich vertreten. Man muss dabei nicht meiner Meinung sein oder sich ihr anschließen. Ich freue mich, wenn daraus ein konstruktiver Meinungsaustausch entsteht. Ich bitte darum, mich zu befragen, was schief gelaufen ist, und dann können wir gemeinsam besprechen, was man daraus lernen und konkret ableiten kann. Aber nein, man verweigert vorn vornherein auch nur zu hören, was aus meiner Sicht hier besser gemacht werden könnte.

Ich trete bei den Treffen bislang rein als Moderator auf, auch wenn ich durchaus gerne über das von mir persönlich Erlebte sprechen würde. Dass ich das nicht tue, und von vornherein durch das gewählte Format ausschließe, ist vor allem ein Zugeständnis gegenüber diesem Bedenken. Weil es mir wichtiger ist, überhaupt ein Forum zu bieten. Mein Vortrag wäre allgemein zu den verschiedenen Perspektiven auf Narzissmus. Ich hatte gar nicht vor, dabei auf meine eigene Betroffenheit einzugehen.

Das Angebot jemanden diesen Betriebsablauf “überwachen” zu lassen wurde wie schon erwähnt abgelehnt bzw. wie üblich einfach nicht darauf eingegangen.

Ansonsten ist das richtig. Ich bin eine lebende (und lebendige) Erinnerung daran, dass ich und meine damalige Verlobte Opfer einer sogenannten toxischen Beziehung wurden. Daran kann ich nichts ändern. Mit diesem Argument dürften Opfer nie mehr den Mund aufmachen.

Du hast Fehler gemacht #

“Some other red flags we’ve noticed that are common in leftist spaces specifically: […] Appeals to opsec to shut down criticism. E.g. decrying public accounts of their abuse as “doxxing,” or claiming that screenshots of their abuse are a violation of opsec, when in reality being able to take screenshots can be necessary for victims so they can counter gaslighting in the future. Security culture is meant to protect the vulnerable from state abuse, not to protect abusers from their victims” (Punch Up Collective)

Mir wurden und werden nach wie vor verschiedenste Vorwürfe gemacht. Es steht dabei meist noch nicht einmal Aussage gegen Aussage, sondern die Faktenlage würde sich überprüfen lassen und richtig stellen. Wer sich dem verweigert und gleichzeitig an Vorwürfen festhält, der trägt zu einer fortgesetzten Rufschädigung bei.

Bitte, wenn du das liest und von konkreten Vorwürfen gegen mich weißt, setze dich mit mir in Kontakt. Ich höre dir zu. Was, meinst du, oder behauptet jemand, habe ich getan?

Es ist zudem so, dass mir diese Vorwürfe jeweils in verzerrter Form und meist nur über mehrere Ecken zugetragen werden. Ich kann aber sowieso gar keine Einsicht zeigen und nicht um Entschuldigung bitten für etwas, was ich nicht getan habe. Eine Richtigstellung und eine Orientierung an den Fakten läge mir am Herzen. Wiederholt und in verschiedenster Form habe ich darum gebeten, den weiterhin kursierenden Gerüchten nicht unkritisch zu glauben, sondern sich mit mir in Verbindung zu setzen, und mir zumindest die Chance einer Richtigstellung einzuräumen. Jetzt erneut an dieser Stelle.

Wenn mir dieses Argument begegnet, habe ich mich jeweils bemüht darum, zunächst überhaupt zu erfahren was mir konkret vorgeworfen wird und darauf auf Basis von Fakten einzugehen. Es hinterlässt mich orientierungslos, dass mir kein solcher Pfad aufgezeigt wird. Was habe ich aus Sicht des Gegenübers “falsch gemacht”? Wie hätte ich es “richtiger machen können”? Was kann ich jetzt tun?

Bin ich ab sofort für immer Persona Non Grata? Das steht für mich in gravierendem Widerspruch zum Selbstverständnis und den Prinzipien des Clubs. Die CCC-Schiedsstelle als spezifisch für solche Fälle eingerichtetes Gremium hat sich mit den Vorwürfen mir gegenüber auseinandergesetzt (während gleichzeitig auf meine Hinweise auf die klar widerlegbaren Falschdarstellungen und aus meiner Sicht viel gravierenderen Handlungen der Gegenseite nicht eingangen wurde). Mit deren “Urteil” sollte das aus meiner Sicht doch dann bitte auch endgültig abgehandelt sein (Ne bis in idem). Wer sich für Details interessiert, dem stelle ich meine Stellungnahme gegenüber der Schiedsstelle und deren “Urteil” zur Verfügung. Mit meiner im Verfahren gewählten Vertrauensperson kann ebenso gesprochen werden. Meine Rückfragen, wieso die Schiedsstelle sich in dem Fall an ihre eigenen Prozesse nicht gehalten hat, und wieso man auch noch im Urteil an widerlegten Tatsachen festgehalten hat, bleiben auch auf mehrmalige Nachfrage weiterhin unbeantwortet.

(Edit Dezember 24: Zum 38C3 wurde ich direkt aus den Matrix/IRC-Channels gebanned, als ich eine Veranstaltungsankündigung gepostet habe. Ich sei “known to be a probematic individual”. (!))

Es gibt Handlungen, die bedauere ich. Ich behaupte gar nicht, nie irgendwelche Fehler gemacht zu haben oder weitere zu machen. Ich würde gerne um Entschuldigung bitten, und tue dies hiermit auch ein weiteres Mal öffentlich kund. Leider wird mir jegliche Kommunikation verwehrt. Ich erachte es als wichtig, Menschen zuzugestehen, Fehler zu machen, und aus ihren Fehlern zu lernen. Ihnen einen Pfad aufzuzeigen, wie sie wieder an der Gemeinschaft teilnehmen können. Ohne die Erlaubnis Fehler zu machen stagniert eine Gesellschaft und wird von Angst beherrscht. Ich möchte lernen, und mich austauschen, darüber, wie wir, und wie ich, es zukünftig ein klein wenig besser machen können. Es lösen sich keine Probleme, wenn man nicht darüber spricht. Im Gegenteil.

Mir scheint es aber immer, wenn mir dieses Argument in diesem Kontext begegnet, gar nicht darum zu gehen, zu verstehen, was genau wie abgelaufen ist und aus welchen Gründen, ob ich irgendeine Einsicht zeige, oder wie man damit jetzt umgehen möchte. Mit dem, was die jeweilige Gegenseite gesagt oder getan hat und worauf ich reagiert habe, wird sich nicht auseinandergesetzt. Man scheint mir hier irgendwas aufgeschnappt zu haben, ohne sich für Details zu interessieren, und bringt das jetzt jedes Mal als ein reines Totschlagargument, gegen das ich nichts unternehmen kann. Ich würde mir erwarten, dass man hier gewillt ist, Fakten von Behauptungen, Mutmaßungen und Missverständnissen zu trennen, um das endgültig aufzulösen. Und in einen Dialog zu treten. Diesen auch von anderen einzufordern, wenn schon Vorwürfe gemacht werden. Das wird mir bis heute nicht gewährt.

Ich bin überhaupt nur an die Öffentlichkeit gegangen, weil mir von den Beteiligten und dem Umfeld im Widerspruch zu den hochgehaltenen CCC-Prinzipien kategorisch jegliches Gespräch verweigert wurde.

“Aversion to conflict is aversion to relationship. On a social level we don’t simply live with those we personally know. We don’t only impact those who know our names. Dialogue is a precondition for society. And painful conflict is one of its crucial tests.” (Dominic Barter)

„Kannst du nicht einfach Betroffenen im Hintergrund helfen?" #

„Wann wirst du endlich davon ablassen und loslassen können?“ #

„Der Club ist nunmal so, da kann man nichts machen.“ #

„Warum tust du dir das an, gegen all die Widerstände?" #

„Du kannst niemanden verändern." #

Wirklich interessante Argumente, ausgerechnet von (Menschenrechts-)Aktivisten kommend, die mir so noch bei keinem anderen Thema begegnet sind. Können wir gerne diskutieren. Wann hört man denn z.B. mit Datenschutz-Aktivismus auf? Überwachung wird es immer geben.

Es war für mich schon immer zentral, gerade als Aktivist auf entsprechenden Ausgleich zu achten, und in positiver Grundstimmung mit Zuversicht und Hoffnung nach vorne zu blicken. Es ist schön, sich mit anderen zusammen in der Welt positiv einzubringen. Ich mache das nicht für mich: Dieses Kind ist bereits in den Brunnen gefallen. Da wurde bereits versagt. Ich setze mich zukunftsgerichtet dafür ein, Organisationsstrukturen so zu verbessern, dass wir als Gesellschaft friedlicher miteinander umgehen (können).

“Im Hintergrund helfen” bedeutet, den toxischen Müll weiterhin in Strömen fließen zu lassen, und ständig die Strände sauberzumachen, direkt vor den qualmenden und erstickenden Industrieanlagen. Ich will (auch) die Abfallproduktion eindämmen. Die Produktion neuer Opfer, die potentiell wieder zu TäterInnen werden. An den Wurzeln ansetzen. Und dazu will ich mich vernetzen und austauschen, mit anderen, die das genauso sehen. Scheinbar ist es mir bislang nicht gelungen, meinen Punkt klar rüberzubringen: Wir haben hier ein strukturelles Problem, das von Awareness und Schiedsstelle nicht aufgefangen wird, sondern tragischerweise befeuert. So etwas kann man nicht durch “im Hintergrund helfen” verbessern. Die Prozesse müssen die Dynamiken toxischer Beziehungen berücksichtigen. Konfliktlösungsmechanismen gibt es bislang keine. Hier gilt es nachzubessern. Stattdessen wird gemauert.

Würdet ihr genauso still bleiben, wenn es um ein anderes Thema gehen würde? “Linux User Groups? Die könnten Windows-User retraumatisieren!”. “Tor Relay Operator Meetups? Wieso hilfst du nicht von Überwachung Betroffenen im Hintergrund?”.

Wenn ein Fahrradfahrer totgefahren wird, entstehen bundesweit politische Kampagnen. Bei zwischenmenschlicher Gewalt wird von Opfern verlangt zu schweigen und Therapie zu suchen. Das ist eine wirklich unglückliche Verdrängungsdynamik.

Davon mal abgesehen: Betroffenen helfen – gerne. Wie mach ich das? Wie erfahren die Betroffenen von einem Unterstützungsangebot?

“Narzissmus” ist ein gesellschaftliches Thema. Traumatisierend ist für Betroffene vor allem der fehlende Zusammenhalt und die fehlende Unterstützung durch das Umfeld, das aus verschiedenen Gründen dazu tendiert, einseitig dem Täter zu glauben, als beiden Seiten zu helfen. Die manipulativen Strategien würden gar nicht entstehen und verfeinert werden, würden sie nicht gesellschaftlich zu “Erfolg” führen und toleriert werden. Und genau hier gilt es anzusetzen.

Problembewusstsein an sich scheint es ja interessanterweise zu geben, sonst würde hier nicht so invasiv eingegriffen und blockiert. Sonst würde man mich ja einfach machen lassen. (!)

Man hat dir ein Angebot gemacht (?) #

“Was du als Annäherung bezeichnest, ist die Pistole in der zur Faust geballten Hand unter deinem Mantel. Es gibt Grenzen, innerhalb derer man Dinge in einer anarchischen Konstellationen regeln kann, hier wurde dir ein Angebot gemacht und es ist besser so - für alle. Ich würde mir für dich wünschen professionelle Hilfe zu erhalten. Das ist aber nichts was wir in dem nötigen Umfang im Chaos leisten können. Sicher gibt es aber dienliche Hinweise.”

Das klingt spannend. Hat jemand ne Ahnung, was hier gemeint ist, insbesondere was das “hier wurde dir ein Angebot gemacht” angeht? Was für ein Angebot könnte gemeint sein? Leider hat der Kommentator nicht mehr geantwortet.

Ich meine das alles so, wie ich es versuche zum Ausdruck zu bringen. Habe mir aber schon gedacht, dass das nicht unbedingt bei jedem so ankommen wird. Ich gebe mir Mühe, mehr kann ich nicht tun. Wie geschrieben bin ich für weitere Vorschläge offen. Welche Hidden Agenda, welche “Pistole” fürchtet man denn?

Nicht leisten können? Oder nicht leisten wollen, und auch nicht wollen dass es jemand anderes leistet? Ich möchte gerne. Und andere Clubmitglieder auch. Auch ich bin Teil des Clubs. Ich möchte gerne, dass wir psychische Belastungen und Konflikte auffangen und begleiten, statt sie zu befeuern. Genau darum geht es hier doch gerade.

Zu “Grenzen” fällt mir in dem Zusammenhang nur ein:

“Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäusserung; dieses Recht umfasst die Freiheit, Meinungen unangefochten anzuhängen und Informationen und Ideen mit allen Verständigungsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.” (Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte)

Fazit #

Einerseits wird betont wie sensibel die Thematik ist, andererseits erlebe ich in der Kommunikation zu dem Thema vieles, was mich an meine Gewalterfahrungen erinnert: Aussagen werden falsch dargestellt oder missinterpretiert, ohne Chance zur Richtigstellung, es wird mit Unterstellungen hantiert und Mutmaßungen als Fakten dargestellt ohne diese zu überprüfen oder zu korrigieren, klärende Gespräche werden verweigert, es wird einfach nicht mehr geantwortet, und so weiter. Und sowieso bin ich an allem schuld. OK. Wegen mir bin ich an allem schuld. Kann man dann nicht trotzdem mal auf meine Fragen und Argumente eingehen? Mich und alle anderen die wollen nicht einfach mal machen lassen?

“Eine Auseinandersetzung hat immer drei Seiten: eine gute, eine schlechte, und eine komische.” (Karl Valentin)

Es entbehrt sicherlich nicht einer Komik, wie hier also häufig exakt die sprachlichen Mittel zum Einsatz kommen, mit denen wir uns gerne auf den Treffen auseinandersetzen möchten, und die als Gewalt und zentraler Teil von manipulativen toxischen Verhaltensweisen gesehen werden können. In dem Sinn findet genau ein solcher Austausch statt, nur halt auf der praktischen, erlebbaren Ebene, und nicht auf der Metaebene. Hier wird anderen verboten, sich gerade über die Techniken auszutauschen, die in der “Begründung” des Verbots und der Ablehnung jeglicher Diskussion dazu Anwendung finden. Das ist die tragisch-komische Seite dieser Auseinandersetzung.

Wenn man wirklich besorgt ist um die Betroffenen, und sie vor weiteren negativen Erfahrungen schützen möchte, dann sollte man hier ansetzen. Auch wir, auch ich, drücken durch unsere Wünsche Bedürfnisse aus. Wir wollen gesehen und gehört werden und Verständnis erfahren. Wie jeder andere Mensch auch. Es freut mich, wenn hier zukünftig auch “Unbetroffene” einhaken und Solidarität beweisen, wenn sie entsprechende “Abwehrreaktionen” im Umgang miterleben.

Ich sehe nur zwei mögliche Erklärungen: Entweder, man schützt hier absichtlich und systematisch Gewalttäter*innen – die eigentlich ja auch Opfer sind, und tut schlussendlich keinem damit einen Gefallen – oder man handelt aus Unwissenheit und Überforderung falsch. Ich möchte weiterhin an Letzteres glauben (Hanlon). Lasst uns gemeinsam die Unwissenheit und dadurch auch die damit einhergehende Überforderung reduzieren. Es wäre ein leichtes, hier Kleinigkeiten an den Strukturen zu verändern, um weitreichende Verbesserungen zu erzielen. Es ist mir nicht begreiflich, wieso hier so aggressiv gemauert wird, und man lieber ständiges “Drama” in Kauf nimmt bzw. dadurch überhaupt erst erzeugt. Es kommt überhaupt nicht dazu, dass hier mal über das gesprochen wird, worum es wirklich geht. Was haben wir als Betroffene erlebt? Welche Verbesserungsvorschläge haben wir? Kann man mal zum eigentlichen Punkt (zurück)kommen?

Wenn wir es schon nicht schaffen, zwischenmenschlichen Konflikten in unseren eigenen Gemeinschaften konstruktiv und friedensstiftend zu begegnen, dann brauchen wir uns nicht einbilden, irgendwo anders einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten zu können.

Ich halte u.a. Gesprächsverweigerung und Wegblocken jedenfalls nicht für mit den Club-Prinzipien vereinbar. Und mich anzufeinden, nur weil ich eine Meinung vertrete, erst recht nicht. Egal, ob meine Meinung gefällt oder nicht.

“The acid test, however, comes when one tries to defend a person under attack, especially when she’s not there, If such a defense is taken seriously, and some concern expressed for hearing all sides and gathering all evidence, trashing is probably not occurring. But if your defense is dismissed with an oft-hand “How can you defend her?”; if you become tainted with suspicion by attempting such a defense; if she is in fact indefensible, you should take a closer look at those making the accusations. There is more going on than simple disagreement. […] A Movement that once burst with energy, enthusiasm, and creativity has become bogged down in basic survival – survival from each other. Isn’t it time we stopped looking for enemies within and began to attack the real enemy without?” (Joreen Freeman: Trashing: The Dark Side of Sisterhood (1976))

“What we fail to see, within this framework, is that abuse is not individual pathology. Abuse is not an unfortunate mistake. Abuse is the form that systematic oppression takes on an interpersonal level. It is an agent of patriarchy, ableism, capitalism, and white supremacy. It is intimate authoritarianism, and must be resisted just as strongly as we endeavor to challenge authoritarianism on a structural level. Until we do so, the logic of authoritarianism will continue to run rampant within our movements, alienate the most vulnerable among us, and weaken our ability to fight authoritarianism on a larger scale.” (Lee Cicuta: The Ideology of Abuse)

“Conflict is essential to human life, whether between different aspects of oneself, between oneself and the environment, between different individuals or between different groups. It follows that the aim of healthy living is not the direct elimination of conflict, which is possible only by forcible suppression of one or other of its antagonistic components, but the toleration of it — the capacity to bear the tensions of doubt and of unsatisfied need and the willingness to hold judgement in suspense until finer and finer solutions can be discovered which integrate more and more the claims of both sides. It is the psychologist’s job to make possible the acceptance of such an idea so that the richness of the varieties of experience, whether within the unit of the single personality or in the wider unit of the group, can come to expression.” (Marion Milner, ‘The Toleration of Conflict’, Occupational Psychology, 17, 1, January 1943)

“‘Power-over’ tactics include punishment, reward, guilt, shame, duty, and obligation. This is how you prepare people to be good citizens in a domination structure. Teach them to use punishment. Teach them that punishment is justified. People who get labeled “bad” by the authorities deserve it. Reward is what you deserve if you are judged right by the authorities. So, if you want to educate people to be nice, dead people within hierarchical structures, it’s critically important that you teach them that punishment and reward are justified.” (Marshall B. Rosenberg: The Heart of Social Change - How to Make a Difference in Your World)

universal human needs